Die Europäische Zentralbank (EZB) lässt heute weitere Sofortmaßnahmen offen. Zunächst bleiben sowohl das Kaufprogramm für Milliarden-Dollar-Anleihen als auch die Zinssätze unverändert. Die Zentralbank prüft derzeit alle ihre Vorrichtungen unter dem Mikroskop. Es geht darum, die “richtige Mischung” zu finden, die am besten zur Situation passt.
Die Risiken für die Wirtschaft wachsen weite
Die Zentralbank stellte fest, dass die erwarteten Wirtschaftsprognosen ihrer Ökonomen im Winter 2021 eine gründliche Neubewertung der wirtschaftlichen Aussichten ermöglichen werden. Auf der Grundlage dieser aktualisierten Bewertung wird der EZB-Rat seine Instrumente je nach Situation neu kalibrieren.
Die Wiederherstellung verlangsamt sich erheblich
Die jüngsten Daten zeigten eine Verlangsamung der wirtschaftlichen Erholung im vierten Quartal 2020. Dies gilt insbesondere für Dienstleister, die besonders von den Eindämmungsmaßnahmen der Regierungen im Jahr 2020 betroffen waren.
Weitere Schritte sind jetzt erforderlich
Die Tür zum Handeln ist jetzt breiter als je zuvor. In den letzten Wochen des Jahres 2020 gab es bereits Anzeichen dafür, dass die EZB ihre Geldpolitik voraussichtlich vor Jahresende wieder straffen wird.
In der Tat zeigen die jüngsten Wirtschaftsdaten, dass das Risiko einer Rezession für das Euro-Währungsgebiet erneut gestiegen ist. Unter anderem fiel der Einkaufsmanagerindex, der Industrieunternehmen und Dienstleister zusammenbringt, von 50,4 Punkten im September 2020 auf 49,4 Punkte im Oktober.
Darüber hinaus hat die industrielle Erholung erheblich an Dynamik verloren. Die Inflation im September blieb den zweiten Monat in Folge negativ – minus 0,3 Prozent – und lag damit deutlich unter dem Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von knapp zwei Prozent.
Steigendes Rezessionsrisiko
In vielen Staaten könnte die Eurozone in eine Rezession geraten. Das wirtschaftliche Basisszenario in früheren Prognosen der EZB ist nicht selbstverständlich. Und eine weitere Rezession kann nicht ausgeschlossen werden.
Viele Euro-Länder, darunter die beiden größten Volkswirtschaften im Währungsraum, Deutschland und Frankreich, haben erneut beschlossen, das öffentliche Leben stark einzuschränken, das die Wirtschaft belastet.
Die Wirtschaft der Eurozone brach im zweiten Quartal 2020 um 1,7 Prozent ein. Im dritten Quartal des Jahres erwartete die EZB eine deutliche Erholung. Nach ihren jüngsten Prognosen wird die Wirtschaftsaktivität jedoch 2021 um 9% zunehmen.
Was könnte die EZB sonst noch tun?
Theoretisch könnte die EZB ihr Notkaufprogramm für Unternehmens- und Staatsanleihen erneut ausweiten. Die Zentralbank hat dann die neuesten Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung und Inflation. Derzeit sind für das PEPP bis Ende Sommer 2021 1,35 Billionen Euro veranschlagt.
Bei den Zinssätzen hat die EZB nicht viel Spielraum. Der Leitzins im Euroraum liegt seit 4,5 Jahren auf einem Allzeittief von 0%. Geschäftsbanken müssen ab Hochsommer 2014 Zinsen zahlen, wenn sie Geld bei der Zentralbank aufbewahren. Dieser Einlagensatz beträgt derzeit -0,5%. Es wird davon ausgegangen, dass Banken die Belastung durch Zinsenerleichterungen um bestimmte Beträge reduzieren werden.
2021 gibt es keine großen Probleme für Deutschland
Negativzinsen sind laut Bundesbank für deutsche Banken noch kein Problem geworden. In Kombination mit wirtschaftlichen Abschwüngen, erhöhten Risikoreserven und schrumpfenden Kapitalpuffern ist es jedoch wahrscheinlich, dass ein Punkt erreicht wird, an dem negative Zinssätze ihre Wirkung verlieren oder ihr Gegenteil werden. Mit ihrer seit vielen Jahren expansiven Geldpolitik will die Zentralbank die Wirtschaft ankurbeln und ihrem Ziel eines stabilen Preisniveaus mit einer Inflation von knapp 2% näher kommen.
Umweltschützer haben der EZB vorgeworfen, zu viele Wertpapiere von Unternehmen zu kaufen, die das Klima durch den Kauf von Anleihen im Wert von mehreren Milliarden Dollar schädigen. Eine umfassende Überprüfung der geldpolitischen Strategie ist im Gange. Der EZB-Präsident stützt sich unter anderem auf den Dialog mit Kritikern.
Die Inflation wird ab März steigen
Die Inflation in der Eurozone stabilisierte sich schon im Februar bei +0,9% im Jahresvergleich. Der Druck auf die Energiepreise ging auf -1,7% im Jahresvergleich zurück, während die Kerninflation von 1,4% im Jahresvergleich auf 1,1% im Jahresvergleich zurückging. Dies ist auf den Preis zurückzuführen Ungleichgewichte in den Bereichen Kleidung sowie in Freizeit und Kultur. Aufgrund des zugrunde liegenden Effekts der Energiepreise ist ab März mit einem Anstieg der Gesamtinflation zu rechnen. In der zweiten Jahreshälfte 2021 sollte die Inflation aufgrund von Sondereffekten weiter leicht ansteigen – Mehrwertsteuernormalisierung in Deutschland. Der Aufwärtsdruck dieser beiden Effekte sollte jedoch Anfang 2022 wieder nachlassen.
Offensichtlich widerspricht der Anstieg der Anleihemarktrenditen den Zielen der EZB, die günstige Finanzierungsbedingungen gewährleisten will. Dementsprechend äußerten hochrangige Vertreter der EZB eine Reihe von Kommentaren zur Stabilisierung des Marktes. Im Laufe des Jahres wird die EZB immer wieder mit einem instabilen Anleihemarkt konfrontiert sein. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Märkte mit dem bestehenden PEPP-Einkaufsprogramm in Schach gehalten werden können. Wenn dies fehlschlägt, wird die EZB nicht zögern, übermäßig schnellen Rentabilitätssteigerungen entgegenzuwirken, indem sie ihr Beschaffungsprogramm erhöht und erweitert.