Internationale Risikokapitalgeber interessieren sich zunehmend für junge europäische Technologieunternehmen. Dafür gibt es eine Erklärung: Diese Startups sind mittlerweile für Investoren attraktiver als Startups in den USA. Das zeigt die Datenanalyse verschiedener Experten für 2020-2021.
Dementsprechend erzielen Investoren mehr Gewinn pro investiertem Euro als in den USA bei Verkäufen und Börsengängen europäischer Startups. Die Investitionen in Europa sind in den letzten 5 Jahren fast um das 12-fache gestiegen. Zum Vergleich: In den USA lag das Verhältnis nur bei etwa 10, in Asien bei knapp über 9. Die Zahlen beziehen sich auf Verkäufe und Börsengänge von Unternehmen im Wert von mehr als 1 Milliarde US-Dollar. Besonderes Potenzial sehen Investoren in industriellen Cloud-Produkten und Softwarelösungen für kleine und mittlere Unternehmen.
Lösungen europäischer Startups sind entscheidend
Im Zeitraum 2020-2021 sind die vielen Herausforderungen für Unternehmen noch deutlicher geworden. Die Gründe dafür waren:
Verwundbarkeit der Lieferketten
dringend benötigte Digitalisierung
wachsende Bedeutung der IT-Sicherheit
Viele Startups haben dafür vorgefertigte Lösungen. Das machte sie für Investoren attraktiv.
2020 war ein sehr erfolgreiches Jahr für europäische Startups, vor allem angesichts der aktuellen Umstände: Die größten Deals in Österreich hatten im Jahr 2020 ein durchschnittliches Volumen von knapp 17 Millionen Euro, in Deutschland – 154 Millionen Euro, in der Schweiz – 67 Millionen Euro. Die Rekordinvestition Anfang 2021 für Bitpanda, das auch 2020 die größte Finanzierungsrunde hatte, ist ein positiver Aufwärtssprung.
Während 2021 ein erfolgreiches Jahr für europäische Startups wird, bleibt die Situation für junge Unternehmen aufgrund der Krise durch die Pandemie und fehlender Großinvestitionen angespannt. Eine Expansion kommt heute für viele Unternehmen nicht in Frage. Gerade nach dem Auslaufen öffentlicher Hilfen sind Anreize durch private Investitionen wie den Covid Startup Hilfsfonds wichtig. Die Neufassung dieser Maßnahme kann die Entwicklung vieler junger Unternehmen unterstützen.
Was hat die Situation positiv beeinflusst?
Der Anstieg ist hauptsächlich auf ein sehr starkes zweites Halbjahr zurückzuführen. Dieser Zeitraum umfasst die 3 größten Startups im Jahr 2020:
Das britische Versicherungs-Startup Inigo hat im November 2020 über 700 Milliarden Euro eingesammelt
Der italienische Mobilfunkanbieter The Telepass Group hat im Oktober 2020 knapp 1,1 Milliarden Euro eingesammelt
Batteriehersteller Northvolt aus Schweden – 526 Millionen Euro
Vor allem Großbritannien ist die treibende Kraft des europäischen Startup-Marktes: Trotz des endgültigen Brexits Ende 2020 hat sich die Zahl der Finanzierungsrunden auf 2113 mehr als verdoppelt. Auch das Volumen der Finanzierung stieg deutlich um ein Viertel oder auf 14 Milliarden Euro.
Damit baute Großbritannien seine Führungsposition gegenüber dem Rest Europas weiter aus. In Deutschland ging das Finanzierungsvolumen sogar um 15% oder auf 5,3 Milliarden Euro zurück. Frankreich, der drittgrößte Startup-Standort in Europa, verzeichnete im Jahr 2020 durchschnittlich nur 619 Finanzierungsrunden gegenüber 736 im Vorjahr. Das Volumen stieg wiederum um 3,4% auf 5,2 Milliarden Euro.
Die größten Startups in Europa
An der Börse gehandelte Tech-Unternehmen wachsen weiter. Führend in diesem Segment ist das niederländische Adtech-Unternehmen Adyen. Es wird mittlerweile mit rund 60 Milliarden Dollar bewertet – und ist laut Studie der erste europäische Titan.
Wer glaubt, dass Unternehmen wie Mambu, Signavio, Sennder oder Personio in Deutschland besonders gut abschneiden, der irrt. In Großbritannien wuchs die Zahl der neuen Einhörner noch schneller. Auffällig ist hier, dass der Unterschied im Gesamtranking ausgeprägter ist als bei der Anzahl der Einhörner.
In welchem ​​Bereich sollte man jetzt gründen?
Insgesamt bleibt Unternehmenssoftware die größte der Bewerteten. In letzter Zeit gab es auch in anderen Bereichen ein großes Wachstum:
E-Commerce: +67 Prozent
Fintech-Bereich: +72 Prozent
Inzwischen hat ein ganz bestimmtes Segment alle anderen überholt: On-Demand-Lieferdienste mit Unternehmen wie Getir, Gorillas, Deliveroo, Flink und Wolt. Allein im ersten Quartal 2021 erhielten solche Unternehmen 14 Milliarden Dollar mehr Kapital als im Jahr 2020 insgesamt.
Während Unternehmen wie Adyen bereits die Grenze zum Titan überschritten haben, weisen Experten auf eine Reihe weiterer Anwärter hin: zum Beispiel das rumänische Softwareunternehmen UIPath mit 37,5 Milliarden Dollar, den Musikdienst Spotify mit einer Bewertung von 43,1 Milliarden Dollar, Evolution (Schweden) mit 36,2 Milliarde oder Delivery Hero aus Berlin mit 32,1 Milliarden Dollar.
Wer könnten die nächsten Einhörner sein?
Es besteht kein Zweifel, dass die britische Tink-Banking-Plattform die Liste anführt. Gute Chancen hat auch die französische Neobank Qonto, die auf kleine Unternehmen und Freiberufler abzielt, ebenso wie das HR-Startup Jobandtalent aus Spanien. Angesichts der Häufigkeit der Meldungen von Einhörnern dürfte es jedoch in den kommenden Wochen und Monaten schwierig werden, die Statistik aktuell zu halten.