Im Mai 2019 ging das erste deutsche Elektrofahrzeug-Teststrecke für Lkws in Betrieb. In Hessen fahren Hybrid-Lkws über einen Autobahnabschnitt, der über eine Oberleitung mit Strom versorgt wird. Welche Möglichkeiten bietet es? Wie sinnvoll ist es? Gibt es vielleicht noch ungelösten Probleme? Weiter – mehr dazu.
Elektrisch angetriebene Lkws verfügen jetzt über eine Teststrecke
Auf der stark befahrenen Autobahn zwischen Frankfurt und Darmstadt befindet sich eine zehn Kilometer lange Teststrecke für Elektro-Lkws. Seit Mai 2019 rollen hier die ersten Elektrofahrzeuge. Unterwegs docken sich Lastwagen mit Stromabnehmer an einer Oberleitung an. Diese Technologie ist vergleichbar mit der von Lokomotiven oder Straßenbahnen.
So bekommen Lkws Energie durch die Leitung, um sich zu bewegen, anstatt Diesel als Kraftstoff zu verwenden. Die Energie für Elektro-Lkws stammt aus erneuerbaren Energiequellen.
Die neue Technologie wird über mehrere Jahre getestet. Ziel ist es, Elektro-Lkws auf ihre Praxistauglichkeit für den Straßenverkehr in Deutschland zu testen. Neben der Teststrecke in Hessen gibt es ähnliche Projekte in Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg.
E-Autos sind kein Exot mehr auf der Straße, aber machen neue Elektro-Lkws einen großen Schritt zu mehr Klimaschutz? Schauen wir uns die Pilotprojekte genau an und versuchen herauszufinden, ob Hybrid-Lkws Vorteile bieten.
So funktioniert elektronische Antriebstechnologie beim Lkw
Hinter dem Elektrofahrzeug verbirgt sich eine innovative Technologie: Sensoren auf dem Dach von Hybridfahrzeugen. Sie erkennen Oberleitungen und fahren den Stromabnehmer automatisch oder manuell per Knopfdruck aus. Der Vorgang heißt „Anbügeln“ und ist bis zu einer Geschwindigkeit von 90 km/h möglich: Etwa alle 70 Meter wird der Elektromotor des Lkws durch die Kontaktpunkte mit neuer Energie versorgt und gleichzeitig wird die Batterie geladen.
Wird einer der neueren Elektro-Lkws von der Oberleitung getrennt, fährt er einfach mit Strom weiter und bezieht Strom aus der geladenen Batterie. Ob dies im Alltag umsetzbar ist, lässt sich erst nach einer gewissen Probezeit sagen. Erst dann können Aussagen über die Reichweite gemacht werden, die ein Elektro-Lkw mit geladener Batterie zurücklegen kann.
Die Stromversorgung der Strecken basiert auf dem bewährten Bahnsystem. In jede Richtung der Strecke verlaufen zwei Fahrdrähte, jeweils mit Plus- und Minuspol. Sie versorgen Fahrzeuge zuverlässig mit Energie. Die Drähte sind so ausgelegt, dass sie auch bei höheren Geschwindigkeiten für eine stabile Stromübertragung sorgen. Oberleitungen wiederum werden mit Energie aus Kraftwerken versorgt.
Oberleitungen und Schnelllader können sich ergänzen
Da Güter fast ausschließlich auf der Straße mit Diesel-Lkws transportiert werden, ist der Lkw-Verkehr der zweitgrößte Verursacher der CO2-Emissionen im Verkehr. Elektro-Lkws können ein großer Schritt in Richtung Klimaneutralität sein.
Mit dem Ausbau des Ladenetzes müssen Schnellladepunkte und Oberleitungen gemeinsam geplant werden, um die Stärken beider Systeme zu nutzen. Bei dem hohen Anteil von Batterie-Lkws, die auf Schnellladung angewiesen sind, sind gravierende Probleme vor allem hinsichtlich der Ladezeiten, des Platzbedarfs für entsprechende Parkplätze zum Laden an Raststätten und der Belastung des Stromnetzes zu erwarten. Die Oberleitungsinfrastruktur kann die Skalierbarkeit von Batterieantrieben im Fernverkehr auf stark befahrenen Strecken verbessern.
Mittelfristig ermöglicht die Teilelektrifizierung von Autobahnen über Oberleitungen das Laden von batterieelektrischen Lkws während der Fahrt und reduziert die Zahl der benötigten Schnellladepunkte, insbesondere aufgrund des teilweise begrenzten Platzangebots für Lkws auf Parkplätzen.
Mit der bevorstehenden Markteinführung von batterieelektrischen Lkws ist eine gewisse Grundausstattung mit Schnellladestationen entlang des Fernstraßennetzes ohnehin sinnvoll. Daher ist es auch sinnvoll, eine solche Infrastruktur in der Anfangsphase der Einführung von Elektro-Lkws aufzubauen.
Szenario bis 2025
Beide Langstreckeninfrastrukturen sollen in den nächsten Jahren in geringer Zahl ausgebaut werden. Einfacher und wirtschaftlicher wird die Installation von Schnellladepunkten mit einem Megawatt-Ladesystem (MCS) bei der Einführung von Elektro-Lkws. Auf Strecken mit hohem Pendelverkehr-Anteil können aber auch einzelne Oberleitungsstrecken in dieser Phase attraktiv sein. Um eine ausreichende Einsatzflexibilität zu erreichen, können zunächst Oberleitungs-Hybridfahrzeuge eingesetzt werden, die sich derzeit im Feldversuch befinden.
Eine Verlängerung der Testphase beider Technologien bis 2025 auf längeren Strecken erscheint sinnvoll. Bereits jetzt können Synergien durch Fahrzeuge oder den Ausbau der Infrastruktur genutzt werden, beispielsweise der gemeinsame Anschluss an das Stromnetz.
Was ist für 2030 geplant?
Von 2025 bis 2030 können Oberleitungen und MCS in größerem Maßstab parallel gebaut werden. Dann können Oberleitungen bei Ausstattung mit Stromabnehmer zunehmend als Ladeinfrastruktur für rein elektrische Lkws genutzt werden. In diesem Zusammenhang sollte auch die Möglichkeit geprüft werden, Batteriewagen mit Stromabnehmern nachzurüsten.
Für den Bau einer Oberleitung bedeutet dies, dass ab 2030 sehr schnell eine erhebliche Belastung der Oberleitungsinfrastruktur eintreten kann- In diesem Fall wird die Phase der unterausgelasteter Infrastruktur übersprungen.
Somit kann nur eine Schlussfolgerung gezogen werden: Elektro-Lkws sollen ab 2030 eine zentrale Rolle im Transportwesen spielen.