Trotz Endlagerproblematik und verheerenden Katastrophen, die weltweit negative Auswirkungen haben, setzen viele Länder weiterhin auf Atomkraft. In Zukunft werden weitere Anlagen gebaut. Welche Länder der Welt haben heute die meisten Atomkraftwerke? Ist Kernenergie im Jahr 2023 überhaupt der Aufmerksamkeit wert?

Es gibt Pläne, die Zahl der Atomkraftwerke weltweit zu erhöhen

Die Gefahren, die von der Nutzung der Kernenergie ausgehen, werden in verschiedenen Ländern unterschiedlich bewertet. Nach dem Worst-Case-Szenario in Fukushima haben einige Staaten wie die Schweiz und Deutschland beschlossen, künftig auf Kernkraftwerke zu verzichten. Gleichzeitig werden in einigen anderen Ländern neue Reaktoren geplant und gebaut.

Bezeichnenderweise hat die EU-Kommission die Kernenergie bereits im Sommer 2022 als klimafreundliche Energie eingestuft. Damit wurde der Weg für weitere Investitionen in die Entwicklung und den Einsatz dieser Technologie geebnet.

Laut Statista kann man sehen, welche Länder ab Juli 2022 die meisten Reaktoren in Betrieb haben:

USA92
Frankreich56
China54
Russland37
Japan33
Südkorea25
Indien22

Das sind 7 Spitzenreiter, und was Deutschland betrifft, werden wir hier über den 20. Platz sprechen.

Seit 2011 ist die Atomenergie-Ablehnung in Deutschland eigentlich beschlossen. Die letzten Reaktoren sollten bis Ende 2022 vom Netz gehen. Dank neuer politischer Entscheidungen, begründet durch die Energiekrise, sind derzeit noch 3 Kernkraftwerke in Betrieb:

  1. Emsland
  2. Isar-2
  3. Neckarwestheim-2

Bundeskanzler Olaf Scholz nennt derzeit einen möglichen Zeitraum bis spätestens Mitte April 2023. Wie dem auch sei, in Deutschland wird es in Zukunft wahrscheinlich nicht weniger, sondern mehr Kernkraftwerke geben. Und das wird auch ganz Europa betreffen.

Verantwortliche Organisationen arbeiten intensiv an der Optimierung komplexer Technologien und neuer Kraftwerksmodelle:

  • Polen will in Atomkraft einsteigen
  • Tschechien investiert Milliarden in den Ausbau
  • In Schweden wird eher über Expansion als über Exit diskutiert
  • Die Niederlande, die ursprünglich austreten wollten, planen den Bau von zwei weiteren Meilern

Gespräche über den Ausstieg aus der Kernenergie gibt es in Ungarn, Bulgarien, Rumänien und einigen anderen Ländern Südosteuropas.

Atomkraft in Deutschland – was sind die Perspektiven?

Während Grüne und SPD nun darüber nachdenken, die 3 noch in Betrieb befindlichen deutschen Atomkraftwerke bis Mitte Frühjahr 2023 im Netz zu lassen, macht sich die FDP seit langem offensiv für eine längere Nutzung der Atomenergie stark. Welche Möglichkeiten gibt es und welche Ergebnisse lassen sich damit erzielen?

Seit der Reparatur der Gaspipeline Nord Stream 1 ist viel weniger russisches Gas durch Leitungen nach Deutschland geflossen, als es möglich gewesen wäre. Wie es in Zukunft mit Gas weitergeht, ist nicht bekannt.

Vor diesem Hintergrund diskutiert die Politik Möglichkeiten, die drei in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke länger als geplant zu nutzen, obwohl zuvor geplant war, dass sie bis Ende Dezember 2022 endgültig vom Netz verschwinden sollten.

Der mögliche Ausbau der Nutzung der Kernenergie impliziert zum einen den Ersatz von Gas als Stromlieferant. Andererseits könnten Gasengpässe im Winter 2023 auch die Gesamtstromnachfrage erhöhen, da beispielsweise Gasheizungen durch Elektroheizungen ersetzt werden könnten.

Daher werden heute zwei mögliche Optionen zur Laufzeitverlängerung diskutiert. Einerseits können Kraftwerke durch den sogenannten Stretchbetrieb bis zum Frühjahr 2023 weiter betrieben werden. Um die Anlagen danach betreiben zu können, müssten neue Brennstäbe angeschafft werden, was den Ausstieg aus der Kernenergie aber um einige Jahre verzögern könnte.

Was bringt uns der Streckbetrieb?

Ein heiß diskutiertes Szenario ist das Arbeiten im gestreckten Zustand oder Weiterbetrieb der restlichen Kernkraftwerke mit bestehenden Brennelementen für mehrere Monate bis zum Frühjahr 2023. Dazu sind keine neuen Brennstäbe erforderlich. Eine solche längere Anwendung bringt keine neuen Risiken mit sich.

Eine Streckung wäre allerdings nur möglich, wenn im Sommer 2022 weniger Atomstrom in gleicher Menge produziert würde. Das ist das Ergebnis einer Begutachtung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Umwelt im März 2022.

Bei dem Streckbetrieb geht es mehr um vorübergehende Umverteilung als um mehr Atomkraft. Nach diesem ersten sogenannten Stresstest des deutschen Energiesystems empfahlen die Ministerien, die Kernkraftwerke nicht weiter zu betreiben.

Was sollte man sonst noch über den Streckbetrieb wissen?

Wenn die atomare Kettenreaktion im alten Reaktorkern am Ende seiner Lebensdauer aufgrund des Mangels an ungenutztem Uran langsam gestoppt wird, dann kann dieser Prozess durch Fabriksteuerungsmaßnahmen künstlich um mehrere Monate verlängert werden. So sinkt beispielsweise die Temperatur des Reaktorkühlwassers, was dessen Dichte erhöht und die für die Kettenreaktion verantwortlichen Neutronen stärker bremst. Allerdings verliert der Reaktor ständig 1/2 Prozent seiner Leistung pro Tag.

Das Fazit lässt sich jedoch optimistisch ziehen: Grundsätzlich sind auch keine großen Investitionen erforderlich, um die drei noch in Betrieb befindlichen deutschen Kernkraftwerke nach dem Frühjahr 2023 zu nutzen.